Angriff: EZB fordert 32.000 EUR von der Zivilen Koalition
Redaktion: Guten Tag Frau von Storch. Sie haben gegen die EZB wegen dessen Anleiheaufkaufprogramms geklagt ...
Beatrix von Storch (BvS): Ja, in der Tat.
Redaktion: ... und verloren. Was ist passiert?
BvS: Wir haben den Kampf David gegen Goliath gewagt, weil wir es für illegal halten, wenn die EZB Anleihen im Rahmen ihres so genannten OMT-Programms kauft.
Redaktion: Warum ist das illegal?
BvS: Sehen Sie, alle großen Inflationen, jede Hyperinflation hat damit begonnen, dass die Zentralbanken Geld drucken, um damit Staatstätigkeit und Staatsschulden zu finanzieren. Das OMT ist ein Programm der EZB, das genau das tun soll. Es soll Staatsschulden aufkaufen. Es macht im Ergebnis aber keinen Unterschied, ob die Zentralbank dem Staat Geld gibt oder ob sie Staatsanleihen - das sind ja nur Schuldscheine - am Markt aufkauft. Es handelt sich um monetäre Staatsfinanzierung. Und das darf die EZB nicht, weil es Fiskalpolitik ist. Die EZB darf nur Geldpolitik machen.
Redaktion: Aber Draghi würde ja sagen, dass dies allen nutzt und er es tut, um den Euro zu retten.
BvS: Ja, sicherlich. Aber das ist nicht seine Aufgabe. Die EZB ist keine demokratische Institution, Draghi und der Gouverneursrat sind nicht vom Volk gewählt. Politik ist aber Aufgabe der Volksvertreter. Die EZB ist unabhängig in dem, was sie tun soll, Geldpolitik. Aber in keinem anderen Bereich. Alles, was nicht Geldpolitik ist, muss demokratisch entschieden werden. Und dazu gehört auch die Frage, ob und ggfls. wie der Euro zu retten ist.
Redaktion: Die Entscheidung wurde ja von Schäuble und Merkel getroffen, Draghi hält sich doch an den Rahmen, der durch die Eurorettungspolitik gezogen worden ist.
BvS: Auch das ist richtig, aber das entbindet ihn nicht von den Grenzen, die ihm der Gesetzgeber gegeben hat. Auch Mario Draghi muss sich an das Recht halten. Recht und Gesetz erlauben ihm eine unabhängige Geldpolitik. Sie erlauben ihm aber nicht, den Job von Merkel und Schäuble zu machen. Das ist schon wichtig aus Gründen der Transparenz. Merkel und Schäuble müssen sich dem Votum des Wählers stellen, Draghi muss das nicht. Wenn Draghi Politik macht, dann beeinflusst er den demokratischen Prozess und nimmt Einfluss.
Redaktion: Und das hat Sie gestört?
BvS: Ja, ich halte das Handeln der EZB aus vielen Gründen für gefährlich für Demokratie, Rechtsstaat und unser Geld. Deswegen haben wir gegen das OMT geklagt und eben leider auch verloren. Und nun sollen wir an die Wand gespielt werden.
Redaktion: Klagen ist das gute Recht der Bürger. Jeder hat in unserem Rechtsstaat die Möglichkeit, staatliche Entscheidungen überprüfen zu lassen.
BvS: Völlig richtig. Unser Problem sind jetzt allerdings die Kosten des Verfahrens. Wir haben gegen die EZB verloren und sollen nun die exorbitanten Kosten der EZB tragen.
Redaktion: Das ist ja die Regel, dass der Unterlegene auch die Kosten der anderen Partei trägt.
BvS: Die EZB hat sich eigene Anwälte genommen, obwohl sie eine eigene Rechtsabteilung hat. Die Mitarbeiter der EZB sollten meiner Ansicht nach die einschlägigen Rechtsvorschriften kennen. Gleichwohl sind wir dazu verdonnert worden, der EZB Kosten von mehr als 33.000 Euro zu erstatten - weil unsere Klage in zweiter Instanz beim Europäischen Gerichtshof abgeschmettert wurde. Von uns werden Kosten für die erste Instanz von 24.000 Euro verlangt. Die Kosten der zweiten Instanz haben wir durch Beschwerde von 9.250 Euro auf jetzt endgültig 8.000 Euro drücken können.
Redaktion: Wenn ich das kurz überschlage, dann will die EZB von Ihnen also rund 32.000 Euro.
BvS: Ja, wir sollen der EZB ihre Anwälte bezahlen. Diese haben der EZB rund 100 Arbeitsstunden in Rechnung gestellt, mit Stundensätzen von bis zu 340 Euro. Die EZB hat eine eigene Rechtsabteilung und beauftrag trotzdem externe Anwälte, die horrende Kosten verursachen. Das ist ein Skandal.
Redaktion: Und das, obwohl Sie nur die Rechtmäßigkeit des OMT überprüfen lassen wollen.
BvS: Ja, genau. Das Anleihenaufkaufprogramm OMT ist ja in der Vorstellung der EZB dazu gedacht, die ganze Eurozone zu retten. Die Zivile Koalition soll jetzt 32.000 Euro bezahlen, obwohl es Aufgabe der Bundesregierung gewesen wäre, die Rechtmäßigkeit des Handelns der EZB zu überprüfen. Wo der Staat versagt, da müssen die Bürger einspringen. Die Kostengefahr ist aber nicht kalkulierbar. 32.000 Euro- das wird die nächsten potentiellen Kläger sicherlich abhalten. Und auch wir brauchen dafür dringend noch Spenden.
Redaktion: Sie haben verloren, warum eigentlich - woran lag es?
BvS: Am politischen Gericht. Wir haben wie viele Gruppen, die sich gut mit der Materie auskennen, die Rechtswidrigkeit erkannt und deswegen geklagt. Selbst die FDP hatte ja damals gewarnt, dass es um den „Schutz der deutsche Spareinlagen gehe“ und deswegen den „ungewöhnlichen Schritt“ für nötig erachtet. Die AfD hat sich dann sogar unter anderem deswegen gegründet. Es ist die Pflicht eines Bürgers, gegen staatliches Unrecht vor Gericht vorzugehen.
Redaktion: Würden Sie es wieder tun?
BvS: Trotz allem: ja. In einem Rechtsstaat muss man den Rechtsweg beschreiten, sonst setzt man sich dem Vorwurf aus, es nicht versucht zu haben. So haben wir ein Urteil mit unhaltbarer Begründung. Damit ist offengelegt, wie das Gericht tickt. Aber es ist schon unglaublich, wie die EZB versucht, sich faktisch immun zu machen, indem sie teuersten Rechtsrat einkauft und dessen Kosten dann mit Hilfe des Europäischen Gerichtshofs auf den klagenden Bürger überwälzt. Das ist massive finanzielle Abschreckung, damit Bürger die EZB zukünftig unbehelligt machen lassen, weil sie das finanzielle Risiko nicht eingehen können.
Redaktion: Glauben Sie, dass die EZB jetzt trotzdem weitermacht?
BvS: Aber ja, die EZB hat jetzt einen gerichtlichen Freifahrtschein. Die Begründung des Urteils gegen uns war ja, dass es erst zu einem Schaden beim Bürger kommen müsse. Etwas locker dahin gesprochen sagt der EuGH, dass die Gefahr einer Hyperinflation kein Problem ist und man nur dann erfolgreich gegen die EZB klagen kann, wenn die Hyperinflation da ist. Das ist nichts anderes als zynisch, denn dann sind die Geldvermögen schon weg. Aber das ist ja kein Ergebnis, mit dem wir zufrieden sein können. Wir können doch unseren Kindern keine Welt hinterlassen, die ein Scherbenhaufen ist. Solange die EZB weitermacht, so lange werden wir auch weitermachen. Mundtot macht uns die EZB nicht. Wir werden weiter jede Möglichkeit ergreifen, gegen die EZB vorzugehen, sei es medial, politisch oder eben auch vor Gericht.
Redaktion: Das lässt ja hoffen, auch in der Zukunft von Ihnen zu hören.
BvS: Auf jeden Fall, darum geht es doch beim Kampf David gegen Goliath, dass man gegen einen übermächtig scheinenden Gegner nicht aufgibt. Wir haben das Recht auf unserer Seite. Und wir sind viele. Entscheidend ist nur, dass die Bürger weiter mitmachen. Dann werden wir ans Ziel kommen.
Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch.
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